Illia Kotliarov

Die menschliche Faszination für Technologie.

17. Dezember 2024
Abbildung 1: Titelseite von "Der Sandmann". Foto: Illia Kotliarov

Teil 1: Darstellung des Themas

Im Umfang des Deutschunterrichts haben wir die Lektüre «Der Sandmann», eine Erzählung von E.T.A. Hoffmann, erarbeitet und ausführlich besprochen. Die Erzählung wurde 1816 zum ersten Mal veröffentlicht. Der Autor wurde am 24 Januar 1776 geboren und verstarb am 25 Juni 1822. Er war ein bedeutender deutscher Schriftsteller der Romantik. Die Erzählung wird in der Epoche der Romantik eingeordnet. Ich werde den Unterricht rekapitulieren und wichtigen Erkenntnisse und Themen nennen. Dabei werde ich mich aber vorwiegend auf die Deutungsmöglichkeiten und Vorgehen bei der Text-analyse von dem Sandmann fokussieren und danach, in dem zweiten Teil, eine Deutungsmöglichkeit, die sogar heute relevant ist, genauer behandeln.

Das grösste Thema war die Deutungsmöglichkeit von «der Sandmann». Im Buch sind die Augen das Zentrale Motiv und wichtig für das Verständnis der Geschichte. Die Augen stehen in der Erzählung symbolisch für Wahrnehmung und Realität. Der Sandmann, eine schreckliche Figur aus Nathanaels Kindheit, der die Augen stiehlt. Diese Vorstellung von Nathanael verfolgt ihn sein ganzes Leben.
Unser Ziel war im Bereich der Deutung nicht die vollständige Deutung aller Möglichkeiten. Es ist nicht möglich, denn die Deutung ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Da man die Deutung eines literarischen Textes als Verknüpfung des Gelesenen mit eigenen Weltwissen oder Erfahrungen entsteht. Das Ziel des Unterrichts bestand darin die nötigen Schritte zur Analyse eines Textes lernen und anwenden zu können. Wir haben den Prozess der Deutung in 2 Teile geteilt:
Die erste Phase ist die Textsicherung (Sachverhalt verstehen), dabei liest man den Text sehr aufmerksam durch, schlägt Wörter nach, nötigenfalls übersetzt man, redet mit Anderen, um das Verstehen zu klären und nutzt die Hilfsmittel sinnvoll, aber keine Abkürzungen. Das Ziel dieser Phase ist die Basis zu konstruieren, von der ausgehend der nächste Teil folgen kann.
In der zweiten Phase, die Textdeutung (Sachverhalt interpretieren), gibt es mehrere Möglichkeiten und das Resultat unterscheidet sich von Leser zu Leser. Es können stilistische und Sprachliche Mittel näher betrachtet werden. Welche Emotionen werden ausgelöst? Was wird ausgelöst? Gibt es Metaphern, rhetorische Stilmittel oder Symbole und was bewirken diese? Das Wissen, das man zur Verfügung hat, ist der Text selbst. Das ist der Wissensraum, in welchen der Text gedeutet wird. Themen und Motiven werden ausgelesen und untersucht.
Die andere Möglichkeit ist die werkübergreifende Deutung, bei der der Text im Zusammenhang mit etwas anderem betrachtet wird. Dabei werden die Texte mit anderen Texten desselben Autors, mit Texten aus derselben Epoche oder aus demselben Jahr verglichen, um Zusammenhänge und Verbindungen zu finden.


Teil 2: Weiterentwickeln des Themas

E.T.A Hoffmanns «Der Sandmann» bietet eine Vielzahl von Deutungsmöglichkeiten, da der Text reich an symbolischen und psychologischen Motiven ist. Ich habe die Technologiekritik als Deutungsmöglichkeit genommen, denn dieses Thema bietet eine spannende Perspektive auf den Text, die sich mit der damaligen Zeit als auch mit den aktuellen Gefahren der technologischen Entwicklung verbindet. Im Mittelpunkt steht die Figur Olympia, eine Automatenfrau, die Nathanael durch ihre Perfekte Äusserlichkeit täuscht und für eine echte Person hält. Hoffmann kritisiert damit die menschliche Faszination für Technologie und deren Fähigkeit, das Natürliche nachzuahmen, wodurch der Unterschied zwischen Menschen und Maschine verschwindet.


In unserer modernen Lebenswelt, die stark von technologischen Fortschritten geprägt ist, gewinnt diese Kritik neue Aktualität. Humanoide Roboter, wie Olympia, und Künstliche Intelligenz (KI) führen dazu, dass die Maschinen immer menschlicher wirken und werden. Hoffmans Geschichte erinnert uns an die sozialen Folgen solcher Ereignisse: Wie verändert Technologie unser Menschenbild? Wenn Menschen wie Nathanael in Olympia nur das sehen, was sie sehen wollen. Dies führt nicht nur zu einer Entfremdung von der Realität, sondern auch zu einer Verschlechterung echter zwischenmenschlicher Beziehungen, wie in der Geschichte mit Clara dargestellt ist.

Ein weiteres aktuelles Beispiel ist die Abhängigkeit von sozialen Medien und deren Algorithmen, die menschliche Beziehung immer mehr beeinflussen. So wie Nathanael in Olympia nur seine eigenen Wünsche erkennt, projizieren viele Menschen in der digitalen Welt ihre ideale und streben nach der Bestätigung, die durch Algorithmen manipuliert werden. Dies führt zu einer verzerrten Wahrnehmung der Realität und einem Verlust echter sozialer Verbindungen.

Hoffmanns «Der Sandmann» kann somit als Warnung angeschaut werden, nicht blind auf Technologie zu vertrauen, sondern kritisch zu hinterfragen, wie technische Fortschritte unsere Gesellschaft und unser Menschenbild prägen. Die Erzählung warnt: Technik kann den Menschen unterstützen, darf ihn aber nicht ersetzen. Gerade heute, in der Welt, die von Technologie fast beherrscht wird, ist die Warnung aktueller denn je.


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